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Geldfälscherei

In der Zeit der Inflation in den Jahren 1922/1923 wurde das Geld immer weniger wert, die Zahlen aber wuchsen ins Unermessliche, im Herbst 1923 sogar bis in die Billionen. Man konnte nichts mehr kaufen, auch für einen ganzen Sack voll Tausender bekam man nichts, bis das neue Geld ausgegeben wurde. Im Jahr 1923 hatte sogar jeder Land- oder Stadtkreis das Recht, Geld selber zu drucken; das war dann auch nur im eigenen Bereich gültig. So war es auch im Kreis Zell. Die ganze Entwertung konnte aber den Ignaz, eigentlich ein biederer Bürger, nicht hindern, selber einen Sack voll Geld zu drucken. Wie ging das zu?

 

Der Ignaz war ein Sanitätsfeldwebel im Ersten Weltkrieg, ein forscher Bursche. Als er nun aus dem Kriege heil herausgekommen nach Hause entlassen wurde, baute er sich hier ein kleines sauberes Textillädchen auf. Viel zu tun gab es nicht, deshalb hatte er um so mehr Zeit zum Phantasieren, wie man reich werden könnte.


Eines Tages hatte der Ignaz ganz vertraulich einen Tipp bekommen von einer Geldfälscher-Werkstatt, abgelegen im Wald, nahe dem alten Bergweg nach Zell. Da hatte er wirklich einiges zu überlegen. Er lieh sich ein Pferdefuhrwerk und rumpelte schon in der Morgenfrühe in Richtung Zell. Richtig, in der Werkstatt im Walde waren einige Männer bei der Arbeit. Ignaz band die Pferde fest und stürmte hinein. Dort brüllte er im Kommandoton: "Kriminalpolizei! Sie sind wegen Geldfälscherei verhaftet. Die Werkstatt ist beschlagnahmt!"

 

Bei diesem Vorgang zeigte er so nebenbei eine nachgemachte Blechmarke der Kriminalpolizei unter seinem Rockaufschlag vor.


Die Fälscher starrten entsetzt und standen wie versteinert. Ignaz schaute sich alles an, nahm ihre Personalien auf, dann sagte er beruhigend: "Ich will nicht so streng mit euch sein, weil das ja nur Inflationsgeld ist. Also los, alles auf den Wagen laden, schnell, schnell!"


Die Burschen beeilten sich, verpackten die Druckstöcke, luden die Maschinen auf, das Werkzeug, Papier, Druckfarbe und auch die Schneidemaschine. Ignaz war mit ihnen zufrieden und befahl: "Jetzt könnt ihr heimgehen, bis die Vorladung vom Gericht kommt, aber redet nicht darüber, verstanden!"


Die Burschen brüllten: "Jawoll!" und rannten weg, so schnell sie konnten. Ignaz fuhr die Ladung nach Hause, baute die ganze Apparatur in seinem Stall auf und druckte fleißig Zeller Geldscheine. Sie waren nicht viel wert, vielleicht gerade fünfzig Pfennig, aber er setzte sie um, kaufte dafür ein und wechselte sie in größere Scheine um. Bekanntlich ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch ans Licht der Sonne! Bereits nach kurzer Zeit fiel Ignaz auf. Er wurde als der falsche Kripobeamte und Geldfälscher entlarvt. Bei Nacht und Nebel floh er aus seinem Elternhaus, verbrachte zunächst ein Jahr in Österreich, wo er sich mühsam durchschlug, dann reiste er über den Atlantik und landete in Kuba.

 
Sein Traum von Reichtum und Wohlleben war aus. Das Unternehmen Geldpresse hatte sich nicht gelohnt. Aus Kuba schrieb Ignaz oftmals nach Hause, erzählte von seinem großen Heimweh, das ihn fast zu Tode quälte, aber er durfte wegen des Haftbefehls nicht mehr heimkommen. In den sechziger Jahren ist er einsam in der Fremde verstorben.

 

 

Quelle: Archiv Geschichten, 1984, von Werner Geisen

 

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